Aus der bisherigen Betreuungsarbeit mit den psychisch erkrankten Eltern und ihren Kindern konnte eine erhöhte Verhaltensauffälligkeit der Kinder festgestellt werden. Wie repräsentative Studien1 ebenfalls nachweisen, zeigen Kinder psychisch kranker Eltern 3 – 7fach erhöhte Verhaltensauffälligkeiten im Vergleich zur Normalbevölkerung. Weiteres Ergebnis ist die Tatsache, dass betroffene Kinder aus geordneten und unterstützten Familiensystemen weit weniger psychisch auffällig wurden, als betroffene Kinder aus dysfunktionalen Familien.
Die Auffälligkeiten der Kinder und Jugendlichen, die festgestellt wurden, betreffen u. a. die sozial-emotionale sowie kognitive Entwicklung. Betroffen sind vor allem die Bereiche: sozialer Rückzug, körperliche Beschwerden, Ängstlichkeit, Depression, zwanghaftes, dissoziales oder gar aggressives Verhalten bis hin zu hyperkinetischen Verhaltensstörungen. Nicht zu vergessen sind verzögerte Persönlichkeits- und Schulentwicklungen.
Aufgrund fehlender statistischer Angaben für den Raum Erfurt hat die Trägerwerk Soziale Dienste in Thüringen GmbH innerhalb seiner Erfurter Einrichtungen eine anonymisierte Erhebung zu Kindern psychisch erkrankter Eltern durchgeführt. Allein in Erfurt sind 129 Kinder von der psychischen Erkrankung mindestens eines Elternteiles betroffen, 33 Kinder sind nicht durch Hilfen zur Erziehung unterstützt, hinzukommen 13 Erfurter Enkelkinder, die von der Erkrankung mindestens eines Familienmitgliedes betroffen sind. Es zeigt sich das 80 % der Kinder bei alleinerziehenden Müttern leben.
Um auf diese Notstände adäquat zu reagieren, bedarf es einer ambulanten, intensiven, flexiblen und effizienten Unterstützung der Hilfe zur Selbsthilfe.
Schwerpunkte der Hilfe
Schutzfaktoren der Kinder entwickeln:
- Erhöhung sozialer Kompetenzen (zur erfolgreichen Bewältigung von Belastungen)
- Verstärkung der sozialen Ausdrucksfähigkeit
- Erhöhung kognitiver Kompetenzen
- Schaffung oder Verstärkung eines positiven Selbstkonzeptes (Kontrollüberzeugung)
Aus den genannten Schutzfaktoren für die Kinder von psychisch erkrankten Eltern ergeben sich nun folgende Zielstellungen:
- Sicherung der emotionalen Bindungsfähigkeit zu einer Bezugsperson (Eltern, Großeltern, Pate)
- Stärkung der Wahrnehmung der kindlichen Ängste
- Ermutigung, die eigenen Gefühle und Bedürfnisse auszudrücken
- Entfaltung der Ressourcen
- Erlernen kommunikativer Fähigkeiten
- Förderung der Eigenständigkeit unter anderem auch in der Freizeitgestaltung eine kindgerechte Aufklärung über die Bedeutung und Folgen der psychischen Erkrankung des Elternteils
- Entlastung von Schuldgefühlen,
- Erarbeitung von Coping-Strategien:
- aktive, problem-orientierte Strategien
- direkte Auseinandersetzung mit den Problemen und vor allem wenig Neigung zur Verleugnung oder Verzerrung der Realität - Aufbau eines Unterstützernetzwerkes
Aufbau des Konzeptes
Das Besondere am Konzept „Erfurter Seelensteine“ ist sein ausschließlicher Gruppencharakter und das Involvieren der gesamten Familie. Es baut auf drei Säulen auf:
- Gruppenangebote für Kinder und Jugendliche psychisch erkrankter Eltern
Stichwort: Resilienzförderung = Förderung persönlicher Stärken und deren Schutzfaktoren der Kinder und Jugendlichen - Gruppenangebot für psychisch erkrankte Eltern
Stichwort: Vermittlung, Training, Erweiterung und Aktivierung von Erziehungskompetenzen - Gruppenangebote für betroffene Familien
Stichwort: Aktivierung, Offenlegung und Förderung von Selbsthilfekräften der Familie
(Konzeptstand: Beginn 2013)
Weitere Informationen über die Wirkung unserer Arbeit und die positiven Veränderungen bei den Kindern und ihren Eltern finden sich auf dieser Homepage unter Aktuelles / Auswertung!